„Wir segeln auf Sicht – und das mit Rückenwind“: Interview mit Robert Stein, Head of Packaging Coffee bei Tchibo

Im Gespräch mit Robert Stein, Head of Packaging Coffee, Capsules & New Materials, zeigt sich, wie Tchibo den Wandel zu kreislauffähigen Verpackungen vorantreibt – und warum echte Fortschritte nur gemeinsam mit Partnern der gesamten Wertschöpfungskette gelingen.

Nachhaltigkeit ist für uns tief in der Marke verankert. Mit unserem Programm „Recyclable Films“ stellen wir derzeit auf recyclingfähige Hochbarrierefolien um. Diese erfüllen hohe Anforderungen an Produktschutz und Maschinenfähigkeit – und sind ein entscheidender Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Unser Ziel ist, kurzfristig Folien mit mindestens 70 Prozent Recyclingfähigkeit in die Produktion zu bringen und parallel wertvolle Praxiserfahrungen zu sammeln.

Und ja, manchmal fühlt es sich an, als würden wir auf Sicht segeln. Aber wir tun das mit Rückenwind: mit einem klaren Zielbild, motivierten Teams und einer Branche, die sich bewegt.

Entlang der Kaffee-Wertschöpfung gibt es große Potenziale – vom Anbau über die Röstung bis zum Transport. In der Verpackung konzentrieren wir uns auf drei zentrale Hebel: Materialreduktion, Design for Recycling und Standardisierung, um die Vielfalt von Materialien zu verringern und Prozesse effizienter zu gestalten.

Die geplante EU-Verpackungsverordnung (PPWR) fordert, dass bis 2030 alle Verpackungen recyclingfähig sein müssen. Wir wollen schon heute zeigen, dass das machbar ist.

Kaffee ist ein sensibles Produkt. Er braucht zuverlässige Barrieren gegen Sauerstoff, Licht und Feuchtigkeit – und muss auf Hochleistungsanlagen stabil laufen.

Wir erweitern unseren Handlungsspielraum, indem wir Maschinen und Prozesse frühzeitig auf neue Materialien anpassen und so mit dünneren Strukturen arbeiten können. Ebenso wichtig ist die Kundenakzeptanz: Wir testen, wie sich die Verpackung anfühlt, klingt und öffnet. Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn sie auch praktisch überzeugt.

Mehrweg hat für uns Priorität. In allen deutschen Filialen bieten wir eine Mehrwegoption an und akzeptieren mitgebrachte Becher. In Österreich testen wir mit Recup ein offenes Pfandsystem, um Erkenntnisse für weitere Märkte zu gewinnen.

Wo Einweg unvermeidbar bleibt, setzen wir auf faserbasierte Becher mit dünnen Barrieren und Entsorgungskennzeichnung. Wichtig ist, dass jede Lösung im Alltag funktioniert – für Umwelt, Mitarbeitende und Kundinnen und Kunden gleichermaßen.

Kapseln ermöglichen eine sehr effiziente Zubereitung, Tasse für Tasse – dennoch arbeiten wir kontinuierlich an Verbesserungen. Unsere Qbo-Kapseln bestehen zu 70 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen. Ihre Würfelform nutzt den Palettenraum optimal, was Transporte reduziert. Zusätzlich investieren wir in energieeffiziente Maschinen und kooperieren mit Partnern, um die Sortierbarkeit kleiner Formate zu verbessern. Nachhaltigkeit heißt für uns, das gesamte System zu betrachten, von der Kapsel bis zum Umkarton.

Mich beeindruckt der technologische Fortschritt bei recyclingfähigen Hochbarrierelösungen. Erst das Zusammenspiel von Folienherstellern, Maschinenbauern, Markenartiklern und Recyclern macht echte Kreislauffähigkeit möglich. Sehr spannend, wenn auch für Kaffee derzeit noch nicht umsetzbar, sind faserbasierte Barriereverpackungen.

Grundsätzlich begeistern mich alle Lösungen, die Mehrweg einfach und attraktiv machen. Das ist gelebte Nachhaltigkeit.

Mehrweg ist Standard. Digitale Pfandsysteme machen ihn alltagstauglich und interoperabel. Für Sonderfälle wird es faserbasierte Einwegoptionen geben, die hochwertig recycelt werden können. Und natürlich: Kaffee aus der Keramiktasse bleibt auch in der Zukunft ein Klassiker – ganz ohne Abfall.