Partnerschaften in der Verpackungsindustrie

Partnerschaften in der Verpackungsindustrie stehen gerade hoch im Kurs. Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie ihre Innovationskraft steigern und Herausforderungen besser lösen, wenn sie sich mit anderen zusammentun. Und so führen Kooperationen Know-how, Ressourcen und Technologien zusammen, steigern die Flexibilität aller Beteiligten und bieten Wettbewerbsvorteile. Und auch vom Aufbau strategischer Partnerschaften mit Hochschulen und Universitäten oder den unterschiedlichen Brancheninitiativen profitieren die Akteure der Verpackungsbranche. Hier einige aktuelle Beispiele.

Wie eine Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft aussehen kann, zeigt der Wellpappenhersteller Klingele. Gemeinsam mit mit Wirtschaftsinformatikern und der Graduiertenschule GSaME der Universität Stuttgart entwickelt das Unternehmen derzeit eine KI-basierte Plattform für wissensbasierte Serviceberatung, die das Unternehmen der Wellpappenindustrie in die digitale Zukunft führen soll. Noch in diesem Jahr soll ein erster Prototyp in der Praxis umgesetzt werden. Das Konzept sieht einen durch künstliche Intelligenz gestützten digitalen Assistenten vor, der beispielsweise durch die Bündelung von spezifischem Wissen bei der Erstellung von CO₂-Bilanzen hilft. Das Projekt wurde kürzlich auf einer internationalen IT-Wissenschaftskonferenz vorgestellt. „Dies ist eine wichtige Anerkennung für unsere gemeinsame Forschungsarbeit. Darin liegt der Reiz eines solchen Projekts: Wir begleiten ein Industrieunternehmen, das seit über 100 Jahren mit physischen Produkten erfolgreich ist, in das KI-Zeitalter. Ich freue mich, dass Klingele sich für diese Themen öffnet und sie aktiv gestaltet“, sagt Dr. Dimitri Petrik, Nachwuchsgruppenleiter an der Graduiertenschule GSaME.

Sich mit den eigenen Nebenströmen auseinanderzusetzen und zu überlegen, wie diese genutzt werden können, ist ein Ansatzpunkt, um die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben und Ressourcen zu schonen. Die Metsä Group hat sich beispielsweise vorgenommen, bis 2030 sämtliche Nebenprodukte und Abfälle aus der Produktion wiederzuverwenden. Das geht nicht ohne Partner. Einer davon ist das finnische Unternehmen Soilfood, das den Faserschlamm aus den Metsä Board-Werken nutzt, um daraus faserbasierte Bodenverbesserer für die Landwirtschaft herzustellen. Veolia, ein weiterer Partner, plant derzeit den Bau einer Anlage für die Raffination von Rohbiomethanol, einem Nebenprodukt des Zellstoffprozesses, das bisher zur Energiegewinnung verbrannt wurde. Künftig soll es als Biokraftstoff für Fahrzeuge oder als Rohstoff für die chemische Industrie eingesetzt werden. Partner ist auch das Start-up Woodio, das durch das Aussieben von Birkenholzspäne – ebenfalls ein Nebenprodukt des Papier- und Forstindustrieunternehmens – einen Rohstoff für die Herstellung seiner Designer-Handwaschbecken gewinnt. Das fertige Produkt punktet auch im Nachhaltigkeits-Check: Die CO₂-Bilanz ist um 80 Prozent niedriger als bei Keramikwaschbecken und auch in der Logistik fallen durch das geringe Materialgewicht weniger Emissionen an.

Um Nebenprodukte geht es auch beim Paper- und Verpackungshersteller Mondi. Gemeinsam mit dem Hamburger Circular Bioeconomy Start-up Traceless wird gerade eine neue Beschichtungslösung entwickelt, die auf Nebenprodukten der Agrarindustrie basiert und herkömmliche Kunststoffbeschichtungen ersetzen soll. Das Beschichtungsgranulat wird in der Pilotanlage von Traceless hergestellt und in Mondis Forschungs- und Entwicklungszentrum auf Kraftpapiere aufgetragen, um das beschichtete Papier dann in den Laboren des Unternehmens weiter zu testen. Später soll die Produktion im industriellen Maßstab in einer dafür vorgesehenen Anlage in Hamburg stattfinden.

Versuchsreihen haben bereits bestätigt, dass das mit Traceless beschichtete Kraftpapier wasser-, sauerstoff- und fettabweisend sowie gut bedruckbar ist. Das Ziel ist aber auch, eine Lösung zu entwickeln, die in den bereits existierenden Recyclingströmen Europas recycelt werden kann. Derzeit wird die Lösung feinjustiert, um sie auf diverse Verpackungsanwendungen in unterschiedlichen Endmärkten vorzubereiten, beispielsweise für eCommerce, Gefriergut, fetthaltige und nicht fetthaltige Nahrungsmittel.

Das webbasierte Sustainable Packaging Optimization Tool (SPOT) von PreZero, der Umweltsparte der Schwarz Gruppe, und dem Softwareanbieter Packaging Cockpit ermöglicht es Herstellern und Inverkehrbringern von Verpackungen, ihr Portfolio kreislauffähiger zu gestalten. Das Tool berücksichtigt für die Bewertung der Recyclingfähigkeit neben Material und Verpackungsgestaltung auch die Entsorgungsstrukturen in allen EU-Ländern. So werden Unterschiede der Recyclingfähigkeit von Verpackungen von Land zu Land sichtbar: Das kostenlose Tool führt den jeweiligen CO₂-Fußabdruck sowie die Kosten wie Kunststoffsteuern, Lizenzentgelte und Littering Fonds länderspezifisch auf und ermöglicht somit einen Vergleich auf europäischer Ebene. Expertinnen und Experten beider Unternehmen bieten außerdem zusätzliche Beratungsleistungen, die die gesamte Wertschöpfung einer Verpackung umfassen – vom Produktdesign über die Produktion und Nutzung bis hin zur Wiederverwertung der Materialien für neue Produkte.

Der Pharmakonzern Bayer hat eine strategische Zusammenarbeit mit den Faserguss-Experten von Papacks gestartet, um faserbasierte Verpackungen als Alternative zu herkömmlichen Kunststoffverpackungen für einige seiner Consumer-Health-Produkte zu entwickeln, zu denen Marken wie Aspirin, Bepanthen und Claritin gehören. Die Zusammenarbeit zielt darauf ab, biologisch abbaubare, auf Zellstoff basierende Verpackungen aus neuen Fasern zu produzieren, die die Formzellstofftechnologie von Papacks nutzen. Diese Technologie verwendet Materialien aus erneuerbaren Quellen und eine Beschichtung auf pflanzlicher Basis.

Der Kunststoffverpackungshersteller Schoeller Allibert, Coca-Cola Europacific Partners und der Recycler Healix haben gemeinsam an einer nachhaltigen Mehrwegverpackung für Flaschen gearbeitet, die zunächst auf den niederländischen Markt kommt. Es geht um die bekannten roten Coca-Cola Getränkekästen, die jetzt aus 97 Prozent recyceltem Kunststoff bestehen, der sich aus alten roten Kästen und aus Kunststoffen zusammensetzt, die normalerweise schwer wiederzuverwerten sind – in diesem Fall alten Tulpennetzen, die Healix recycelt. Eine neue Technologie von Schoeller Allibert sorgt für den typischen Markenfarbton. „Ein Teil des für die Kästen verwendeten recycelten Kunststoffs stammt nicht ausschließlich von Coca-Cola-Kisten. Trotzdem konnten wir sicherstellen, dass das typische Coca-Cola-Rot erkennbar bleibt. Wir erreichen das durch einen raffinierten ‘Wirbeleffekt’ in der Farbe“, sagt Julie De Bruyckere, Key Account Manager bei Schoeller Allibert. In den Niederlanden sollen allein in diesem Jahr nach und nach 150.000 Kästen aus recyceltem Kunststoff eingeführt werden.

Gleich vier Unternehmen, eine Designerin und ein Südtiroler Pizzahersteller haben sich für das Gemeinschaftsprojekt EcoFlexPack zusammengetan. Herausgekommen ist eine nachhaltige flexible Papierverpackungslösung für Tiefkühlpizza, die deutlich weniger Material und bis zu 80 Prozent weniger CO₂ verbraucht als eine herkömmliche TK-Pizza-Verpackung aus Karton mit Plastikinnenverpackung. Für das Gemeinschaftsprojekt steuerte Koehler Paper sein spezielles recycelbares Barrierepapier NexPlus Seal Pure MOB bei. Das heißsiegelfähige Verpackungspapier mit Fett-, Mineralöl und Sauerstoffbarriere ist im Papierkreislauf recycelbar. Bei der Weiss Gruppe wurde das Barrierepapier auf einer Lithoman-IV-Rollenoffset-Druckmaschine von manroland Goss bedruckt. Eine nachhaltige Lösung, denn Rollenoffsetplatten sind schnell und kostengünstig herzustellen und können recycelt werden. Nachhaltig sind auch die speziell formulierten migrationsarmen Farben der hubergroup für den Druck von Lebensmittelverpackungen. Das Verpackungsdesign stammt von Friederike Dietz, und das verpackte Produkt ist Südtirols erste handgemachte TK-Pizza von Pizza A Mano aus dem Pustertal.

Eine Recyclingpartnerschaft sind der Kreislaufwirtschaftsdienstleister Interzero und das Verpackungsunternehmen Coveris eingegangen: Die von Interzero gesammelten und sortierten Kunststoffmaterialien sollen demnächst in den ReCover-Anlagen von Coveris mittels mechanischen Recyclings zu qualitativ hochwertigen Rezyklaten verarbeiten werden. Die Granulate kommen dann in den Verpackungsfolien von Coveris zum Einsatz. 

Und Leonhard Kurz hat gemeinsam mit Druckmaschinenhersteller Heidelberg ein Projekt zur Inline-Veredelung von Verpackungen gestartet, das auch ein Recyclingprogramm für die verwendeten Trägermaterialien einbezieht. Dabei werden Faltschachteln inline auf einer Speedmaster Druckmaschine von Heidelberg mit der Kurz-Kalttransfer-Veredelung KPS slim 2.0 veredelt, die auf einem 50 Prozent dünneren Träger (6 μm statt 12 μm) hergestellt wird. Während des Prozesses wird der Träger abgezogen und kann dank des Kurz-eigenen Rücknahme- und Recyclingsystems für PET-Transfermaterialien, Recosys, in der Recyclinganlage von Kurz aufbereitet werden.