Es gibt sie schon länger – die Tablette aus dem 3-D Drucker. Bereits 2015 erhielt das Epilepsie Medikament Spritam die Lizenz als erste zugelassene Arznei aus dem 3-D-Drucker von der amerikanischen Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA. Der Vorteil von Printlets:
Gegenüber klassischen Tablettenpressen können gedruckte Pillen mit einer poröseren Oberfläche versehen werden, so dass sie sich schneller und ohne Flüssigkeitszufuhr auflösen und darüber hinaus mit mehr Wirkstoffen versehen werden können. Das hilft besonders Patienten mit Schluckbeschwerden, die viele unterschiedliche Tabletten einnehmen müssen.
MERCK STEIGT IN 3-D DRUCK EIN
2020 hat sich der Pharmakonzern Merck mit dem Weltmarktführer im 3-D Druck EOS zusammengeschlossen. Innerhalb der Partnerschaft sollen Tabletten aus dem 3-D Druck in eine industrielle Anwendung überführt werden. Zunächst wollen sich die Partner auf GMP-konforme (Good Manufacturing Practice) Tabletten und Prüfpräparate für klinische Studien konzentrieren. Bei dem entwickelten Pulverbettschmelzverfahren werden mithilfe eines Lasers pulverförmige Materialien geschmolzen und danach Schicht für Schicht miteinander verschmolzen.
Die Vorteile des innovativen Herstellungsverfahrens sind umfangreich. Arzneimittel sollen flexibler in Größe, Form und Wirkstofffreisetzungsprofil bzw. -kombination (sogenannte Polypillen) hergestellt werden können – und das bei anzunehmend geringeren Kosten. Denn auf einem 3-D Drucker können ohne Schwierigkeiten mehrere Medikamente gedruckt werden. Es muss lediglich das Rohmaterial gewechselt und der richtige Zufuhr- und Druckvorgang ausgewählt werden. Die Wirksamkeit kann verbessert und Nebenwirkungen verringert werden.
Außerdem wird die Arzneimittelproduktion unabhängiger. Geopolitische Risiken und Schwierigkeiten in der Lieferkette können verringert und abgelegene und infrastrukturell schlecht angeschlossene Regionen erhalten so die Möglichkeit zur Herstellung der benötigten Medizin.
STICHWORT: PERSONALISIERTE MEDIZIN
Zudem erwarten Fachleute, dass der 3-D Druck in der Pharmabranche den Durchbruch bei personalisierter Medizin bringen wird. So sollen Apotheken zukünftig in die Lage kommen, individuelle Arzneien für Patienten vor Ort selbst zu drucken, bei denen entscheidende Faktoren wie spezielle Krankheitsprofile, Alter, Geschlecht, Genetik oder biochemisches Verhalten berücksichtigt werden können. Ein Vorteil bei seltenen Krankheiten oder bei Spezialmitteln in der Pädiatrie bzw. Geriatrie. Aber auch Prothesen, Implantate oder 3-D-biogedruckte Organe sollen in Zukunft mit der 3-D-Technologie entstehen können.
Wie werden gedruckte Medikamente hergestellt?
Die Herstellungsprozesse von Tabletten aus dem 3-D-Drucker und denen aus Tablettenpressen ähneln sich zunächst. Entscheidend ist im weiteren Verlauf die Pulverfließfähigkeit. Für hohe Qualität der Tabletten im 3-D Druck ist die dynamische Fließfähigkeit relevant, die für gleichmäßige Schichten definierter Dicke sorgt.
Ein Plus in Sachen Nachhaltigkeit bei der Tablettenherstellung im 3-D Druck lautet Pulverrecycling. So wird erwartet, dass ungenutztes Pulver recycelt und für neue 3-D Formulierungen genutzt werden kann. Inwieweit ein solches Recycling die Stabilität der Produkte beeinflussen könnte, gilt es zu überprüfen.
Bis es soweit sein wird, dass sich gar die Patienten selbst mit dieser vielversprechenden Technologie zu Hause Tabletten ausdrucken können, wird voraussichtlich noch etwas Zeit vergehen. Die derzeitigen Anwendungsfelder beschränken sich ausschließlich auf hoch spezialisierte individuelle Medikation.