Bis die ersten Menschen gegen Corona geimpft werden können, müssen gewaltige Aufgaben in Logistik und Transport mithilfe von geeigneten Verpackungs- und Prozesslösungen gelöst werden. Foto: Dimitri Houtteman // unsplash
Corona-Impfstoff sicher verpackt
Die Welt atmet auf. Es gibt einen Impfstoff gegen das Coronavirus. Mit der Hoffnung kommt die Herausforderung: 50 Millionen Fläschchen müssen in diesem Fall tiefgekühlt schnell und sicher weltweit verteilt werden. Damit der Corona-Impfstoff sicher verpackt und gelagert werden kann, kommen gewaltige Herausforderungen auf alle Beteiligten zu – insbesondere auf die Logistik.
Hier stellt die Prozess- und Verpackungsindustrie erneut ihren Anspruch an Systemrelevanz unter Beweis, indem sie geeignete Verpackungen und Prozesslösungen für Lagerung und Transport der hochsensiblen Corona-Impfstoffe zur Verfügung stellt.
VERPACKUNGEN BEI MINUS 60 GRAD CELSIUS
Arzneimittel müssen besonders sicher verpackt werden. In der Regel werden sie zwischen minus zwei und minus acht Grad Celsius transportiert. In der Europäischen Union gilt beim Arzneimitteltransport der Standard namens Good Distribution Practice. Die im Jahr 2013 verabschiedeten Leitlinien schreiben den sicheren Umgang mit Humanarzneimitteln fest und regeln Parameter wie Temperatur, Sauberkeit, Sicherheit oder Feuchtigkeit.
Für übliche Arzneimitteltransporte reichen bislang Temperaturbereiche zwischen minus zwei und minus acht Grad Celsius aus. Beim Corona-Impfstoff von Biontech und Pfizer werden minus 80 Grad Celsius benötigt. Foto: Ilya Cher, Unsplash
Für die vom deutschen Pharmaunternehmen Biontech und dem US-Pharmakonzern Pfizer neu entwickelten Impfstofflösungen gelten besondere Anforderungen. Sie müssen konstant bei einer Temperatur von minus 80 Grad Celsius gehalten werden. Der Grund dafür ist die Schnelligkeit bei der Entwicklung. Hersteller können aufgrund fehlender valider Stabilitätsdaten der Corona-Impfstoffe noch keine fundierten Aussagen über die Haltbarkeit des Medikaments treffen.
Einfache Styroporkisten mit Trockeneis reichen bei so niedrigen Temperaturbereichen nicht mehr aus. Um den Corona-Impfstoff sicher zu verpacken kommen beispielsweise spezielle Behälter mit Vakuumisolationswandpaneelen in Frage, die wie eine Thermoskanne funktionieren und mit hoch effektiven Kühlelementen die empfindlichen Corona-Impfstoffe über mehrere Tage konstant bei der benötigten Temperatur halten. Laut Herstellerangaben sollen in Versuchen während der Sommermonate Eiswürfel in der Box etwa drei Wochen lang ihre Form und Kälte gehalten haben.
Covid-19-Tests benötigen eine konstante Temperatur von minus 20 Grad, etwa 60 Grad mehr als der Corona-Impfstoff. Foto: Medakit Ltd, Unsplash
Andere Anbieter nutzen als sichere Verpackung für den Corona-Impfstoff aktive Kühlkomponenten, die über Energie versorgt werden. Hier muss jedoch über den gesamten Zeitraum von Transport und Lagerung durchgängig Strom vorhanden sein, was in entlegenen Regionen der Welt wie etwa in Afrika oder Südamerika schwer umzusetzen ist. An dieser Stelle sind mobile Transportlösungen vor Vorteil, die auch bei großer Hitze noch dafür sorgen, dass die ersehnten Corona Impfstoffe sicher dort hingelangen, wo sie dringend gebraucht werden. In allen Fällen muss über den gesamten Transportweg hinweg mithilfe von intelligenten Verpackungen und Sensoren die Gradzahl permanent gemessen und dokumentiert werden. In Lagerhallen müssen darüber hinaus Kühlschränke bereitstehen, um die Kühlketten nicht zu unterbrechen.
15 MILLIONEN KÜHLBOXEN AUF 200.000 PALETTEN
Eine Studie des Logistikkonzerns DHL und dem Beratungsunternehmen McKinsey in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen macht das gewaltige Ausmaß der Herausforderungen bei der Verteilung des Impfstoffes deutlich: Für den Versand von zehn Milliarden Impfstoffeinheiten müssen 15 Millionen Kühlboxen auf rund 200.000 Paletten und in 15.000 Frachtflügen transportiert werden. „Es ist nicht trivial sicherzustellen, dass eine solche lebenswichtige Sendung bei minus 80 Grad weltweit transportiert und zugestellt werden kann“, erklärt Katja Busch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. Busch weiß wovon sie spricht, denn als Chief Commercial Officer bei DHL betreut sie unter anderem Kunden aus der Pharmaindustrie.
Mit der Corona-Krise sind Luftfracht-Kapazitäten weltweit geschrumpft. Deshalb soll bei der Verteilung der Corona Impfstoffe laut Branchenexperten auf Passagiermaschinen zurückgegriffen werden. Eine Herausforderung besteht zudem in der Kühlung an Bord der Flugzeuge. So sehen Sicherheitsvorschriften beim Flugzeugtransport nur eine begrenzte Menge an Trockeneis vor. Vor uns liegt eine gigantische Aufgabe, bei der Impfhersteller, Logistikkonzerne, Fluggesellschaften, Verpackungs- und Prozessindustrie mit Regierungen und dem Gesundheitswesen für ein Gelingen Hand in Hand zusammenarbeiten müssen.
Infokasten
Die EU-Kommission hat Anfang November mit dem deutschen Pharmaunternehmen Biontech und dem US-Pharmakonzern Pfizer einen Vertrag über den Corona- Impfstoff BNT162b2 ausgehandelt. Bis Ende 2020 sollen laut Unternehmensangaben weltweit bis zu 50 Millionen Dosen des sehnlichst erwarteten Corona-Impfstoffs hergestellt werden. Die Menge reicht aus, um 25 Millionen Menschen zu impfen. Im Jahr 2021 sollen bis zu 1,3 Milliarden Dosen hinzukommen.