Nutri-Score auf Verpackungen in Deutschland

Weltweit wächst der Anteil übergewichtiger Menschen. Betroffene Nationen versuchen auf jeweils eigene Weise, das Gesundheitsproblem einzudämmen. Fast überall werden Hinweise auf Lebensmittelverpackungen als erste Maßnahme ergriffen; so setzt beispielsweise Chile bereits seit einiger Zeit auf schwarze Warnfelder. Ernährungs­experten in Deutschland forderten ebenfalls schon lange ein konsumentenfreundliches Kennzeichnungsmodell – nun ist die Entscheidung gefallen. Vier Vorschläge lagen auf dem Tisch; das Nutri-Score System hat bei den Verbrauchern das Rennen gemacht.

VERBRAUCHER WOLLEN NUTRI-SCORE

1.600 Verbraucher haben sich an einer Umfrage des Bundesernährungsministeriums (BMEL) beteiligt und ein klares Ergebnis geliefert: Mehr als die Hälfte aller Befragten entschieden sich für die in Frankreich entwickelte Farbskala des Nutri-Score. Zur Auswahl standen daneben ein Entwurf des Lebensmittelverbands Deutschland e.V., ein Vorschlag des Max-Rubner-Instituts (MRI) sowie das sogenannte Schlüsselloch-Modell aus Skandinavien.

VIER MODELLE ZUR AUSWAHL

Mit steigendem Angebot an ‘Food To go’ und komfortablen Fertiggerichten ist der Nährwert eines Produktes nicht immer auf Anhieb zu erkennen. Obgleich bereits seit 2016 alle verpackten Lebensmittel tabellarische Angaben zu Kalorien, Fett, Salz & Co. auf der Verpackungsrückseite enthalten müssen, wurde in Deutschland seit Jahren ein leichter verständliches Modell auf der Vorderseite der Verpackung gefordert. Im Juli 2019 schließlich gab es eine Verbraucherbefragung zu vier Systemen der Nährwertkennzeichnung. Zur Auswahl standen:

Kreisdiagramm des BLL

Die Kreisdiagramme zeigen die Mengen an Kalorien, Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz eines Produkts im Verhältnis zur empfohlenen Tagesmenge. Als Bezugsgröße gelten in der Regel 100 Gramm oder 100 Milliliter. Bei kleineren Portionspackungen ist alternativ die Bezeichnung „pro Packung“ möglich.

Waben-Sterne-Modell des Max-Rubner-Instituts

Beim Entwurf des Max Rubner-Instituts (MRI) erkennt der Verbraucher neben der Farbgebung auch anhand der Sternen-Anzahl die Zusammensetzung aus gesättigten Fettsäuren, Fett, Salz, Zucker und Energie. Je dunkler und je mehr Sterne, desto gesünder das Lebensmittel.

Schlüsselloch-Modell aus Skandinavien

Das Schlüsselloch-Modell wurde erstmals 1989 in Schweden eingeführt und später von Island, Norwegen und Dänemark übernommen. Das freiwillige Logo darf nur auf Lebensmittelverpackungen mit salz- und zuckerarmen Produkten abgedruckt werden, die gleichzeitig eine gute Fettqualität sowie einen hohen Ballaststoff- und Vollkornanteil enthalten. Getränke sind von der Etikettierung ausgenommen.

Beim Nutri-Score spiegelt in einer fünfstufigen Farbskala von A bis E der hervorgehobene Buchstabe den ernährungs­physiologischen Wert des Nahrungsmittels wider. Dabei steht das dunkelgrüne A für besonders gesunde und das dunkelrote E für nährwertarme Lebensmittel. Das Konzept stammt aus Frankreich und wird inzwischen auch in Spanien und Belgien genutzt.

Neben dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat auch die Verbraucherorganisation Foodwatch in Zusammenarbeit mit Ärztevereinigungen und medizinischen Fachgesellschaften eine Umfrage unter gut 1.000 Verbrauchern in Deutschland durchgeführt. Die Resultate sind fast identisch: Mit 69 Prozent bzw. 57 Prozent der Befragten (BMEL) wünscht sich die Mehrheit eine Einführung des Nutri-Score-Labelsauf Getränke- und Lebensmittelverpackungen.

Nicht zur Auswahl stand unter anderem die Ampel aus Großbritannien, die den Gehalt an gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz pro 100 Gramm jeweils durch Rot, Gelb und Grün darstellt. In Australien bewertet der Health Star als Front-of-Pack-Etikettierungssystem das Nährwertprofil des verpackten Lebensmittels mit Sternen, während das finnische Herzsymbol Verpackungen von fett-, salz- und zuckerarmen Produkten ziert. Unternehmen müssen das Recht zum Abdruck des Logos beantragen und eine Jahresgebühr von 500 Euro pro Produkt entrichten. Derzeit tragen über 1.000 Produkte auf dem finnischen Markt diese Kennzeichnung.

In Frankreich, Belgien und Spanien ist der Nutri-Score eine freiwillige Kennzeichnung. So auch in Deutschland, denn eine Verpflichtung würde eine EU-weite Vorgabe voraussetzen. Dennoch plant das Bundesernährungsministerium die Schaffung der rechtlichen Grundlagen zur einfachen Nutzung des Nutri-Score noch im Laufe des kommenden Jahres. Bislang verwenden nur vereinzelte deutsche Unternehmen die Buchstaben-Farbskala. Unter anderem enthalten einige Danone-Produkte seit Februar 2019 den Nutri-Code auf ihrer Verpackung. Bis Ende 2019 will der Konzern bereits 90 Prozent seiner in Deutschland verkauften Lebensmittel mit dem Symbol ausgestattet haben.

Mit der kostenlosen App von ‘Open Food Facts’ können Verbraucher über ein mobiles Device ganz einfach die Nutri-Score Nährwertangaben von Lebensmitteln erkennen. Sollte das Produkt nicht im bestehenden Pool des Unternehmens aufgeführt sein, kann es durch Angaben der angegebenen Nährwerte sofort berechnet und hinzugefügt werden.