Diese Lebensmittelverpackungen bestehen überwiegend aus Maisstärke und Zellulose. Foto: Amelie Graf
Lebensmittelverpackungen in frischem Design
Lebensmittelverpackungen gehören zu den alltäglichsten Gegenständen, über die viele Verbraucherinnen und Verbraucher sicher kaum einen Gedanken verlieren. Ganz anders sieht es beim Designnachwuchs aus: An Universitäten und Hochschulen werden Verpackungen für Nahrungsmittel und Getränke neu gedacht.
Eine essbare Hülle
Meal Bag nennt sich eine Verpackung, die sogar mitgekocht werden kann und dann Teil der Mahlzeit wird. Die junge Produktdesignerin Amelie Graf hat das Material aus Maisstärke und Zellulose im Rahmen ihrer Masterarbeit im Studiengang „Product and Fashion Design“ an der Berliner Universität der Künste selbst entwickelt. Alle Zutaten sind für Lebensmittelanwendungen geeignet. Und so können Spaghetti, Hülsenfrüchte, Gewürze oder getrocknetes Gemüse in der Meal Bag verpackt und dann zusammen mit dieser gekocht werden.
Die essbare Verpackung ist luftdicht und bis zu einem gewissen Grad feuchtigkeitsresistent. In heißem Wasser löst sie sich auf und durch die Maisstärke dient die Hülle beim Kochen als Soßenbinder oder kann als Ballaststoff- und Energielieferant beigemischt werden. Alternativ lässt sie sich auch über den Heimkompost entsorgen und zersetzt sich dort innerhalb weniger Tage. Mit ihrem Konzept will Amelie Graf auch zu einem weiteren Umdenken im Umgang mit Verpackungen und zu einer höheren Wertschätzung von Materialien beitragen.
Die essbare Lebensmittelverpackung kann Teil der Mahlzeit werden. Foto: Amelie Graf
Die Schweizer Designerin Sara Dietrich hat für ihre Bachelorarbeit im Studiengang Design & Kunst an der Hochschule Luzern einen realen Auftrag bearbeitet. Für zwei Schweizer Gastronomen entwickelte sie das Corporate Design für eine neue Bio-Haferdrinklinie aus Schweizer Rohstoffen. Von Anfang an hat die Designstudentin dazu mit den beiden Cafébetreibern zusammengearbeitet und zunächst ein Markenprofil erstellt, in dem sie die Grundpfeiler der Markenpositionierung festhielten. Als unabhängige Unternehmer der lokalen Kaffeeszene wollen die beiden Gastronomen die eigene Community mit Produkten in Schweizer Bioqualität beliefern. Gutsch, so der Markenname des neuen Bio-Haferdrinks, soll Regionalität und „Swissness“ vermitteln: Ein Gutsch ist in der Schweiz bekannt als ein kleiner Schluck Flüssigkeit – beispielsweise ein Gutsch Milch, den man in den Kaffee gießt.
Jeweils vier Verpackungen lassen sich zu einem Muster zusammensetzen. Foto: Sara Dietrich
Das finale Design zeigt großzügige grafische Formen, die im gesamten Corporate Design präsent sind. Jede der vier Drink-Sorten erscheint in vier verschiedenen Ausgaben, wobei die Form jeweils im Uhrzeigersinn um 90 Grad weiter um die Verpackung rotiert. Damit lassen sich die Verpackungen zu einem Muster zusammensetzen. Als Sortierhilfe findet sich auf jedem Verpackungsboden eine Zahl, die die Position der jeweiligen Verpackung innerhalb des Musters anzeigt.
Ein scharfes Projekt
An der Kölner ecosign/Akademie für Gestaltung stehen auch Projekte mit realen Kooperationspartnern aus der Wirtschaft auf dem Lehrplan. In einem Semesterprojekt ging es um die Entwicklung ökologischer Verpackungs- und Aufbewahrungslösungen für den fair gehandelten kambodschanischen Pfeffer von Hennes‘ Finest. Der wird in einer Verpackung aus Verbundmaterialien angeboten, die durch eine nachhaltige Lösung ersetzt werden sollte. Jade Meyer und Charlotte Neff haben für ihre Lösung „Die scharfe Schachtel“ einen von drei Preisen des Kooperationspartners erhalten.
Die Vorgabe von Hennes‘ Finest: Die empfindlichen Kampot-Pfefferkörner müssen vakuumiert verpackt werden. Die beiden Studentinnen der ecosign machten sich auf die Suche nach einer kompostierbaren Verpackungslösung und fanden sie mit der Sustaina-Pouch des gleichnamigen britischen Unternehmens. Der zertifiziert heimkompostierbare Vakuumbeutel wird auf Basis von Reis, Kartoffel- und Maisstärke hergestellt und eigentlich für das Sous-vide-Garen verwendet. Für die Umverpackung wurden Bögen aus recyceltem Vollkarton des baden-württembergischen Familienunternehmens Horn Wertheim verwendet. Damit die Verpackung günstig versendet werden kann, wurde sie so konstruiert, dass sie in eine Standard-Versandtasche passt. Der Umkarton sollte außerdem standfest und dekorativ sein. Seine Form erlaubt nun auch ein einfaches Umschütten in andere Behälter, wie z. B. eine Pfeffermühle.
Die Illustration der Pfefferpflanze auf der Packung zeigt nicht nur, wie der Pfeffer wächst – die Pfefferkörner reifen an langen Ähren –, sondern erinnert auch an die Ornamente der Khmer-Kunst und kommuniziert so die Herkunft der handverlesenen Körner.
Die Pfefferverpackung wurde mit nachhaltiger Sojatinte bedruckt. Foto: Jade Meyer/Charlotte Neff
Ausgezeichnete Mehrwegidee
Ebenfalls im Studiengang Nachhaltiges Design an der ecosign/Akademie für Gestaltung in Köln hat Sarah Klein eine Mehrweg-Verpackungslösung entwickelt, die mit dem letztjährigen Nachwuchspreis MehrWert NRW ausgezeichnet wurde. Der Preis rückt innovative Lösungen von Studierenden an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen ins Rampenlicht.
ReWrap ist eine Silikonhülle für Food-to-go, die flexibel gefaltet oder gewickelt werden kann, beständig, lebensmittelecht, spülmaschinenfest und recycelbar ist. Das Konzept sieht ein Pfandsystem vor, die Verpackung kann aber auch von Verbrauchern erworben werden. Nach Gebrauch im Laden abgegeben, kann die Hülle dort ganz einfach in der Spülmaschine gereinigt und dann erneut verwendet werden. Das Material soll bis zu 4.000-mal im Kreislauf geführt werden können.
Die Silikonhülle für Food-to-go ist flexibel, lebensmittelecht, spülmaschinenfest und recycelbar. Foto: Sarah Klein
Zweites Leben für altes Porzellan
Die Berliner Produktdesignerin Georgia von le Fort stellt aus recycelten Porzellanabfällen puristische Behälter zur Aufbewahrung von Lebensmitteln her. Für ihre Bachelorarbeit an der Universität der Künste in Berlin hat sie eine Methode entwickelt, um Porzellanscherben durch Mahlen und Versintern wieder zu einem festen Material zu verbinden.
Das Design der Behälter macht sich dabei die offenporigen Eigenschaften des gesinterten Materials zunutze. Ein geriffelter Einlegeboden aus demselben Material saugt durch seine poröse Struktur kaltes Wasser und sorgt dann in dem Gefäß dafür, dass der Innenraum abkühlt und die Luftfeuchtigkeit steigt. Durch den physikalischen Prozess der Verdunstungskälte sorgen Relics damit auch außerhalb des Kühlschranks für eine längere Haltbarkeit von Lebensmitteln wie Obst und Gemüse. Das feuchte Klima in den Gefäßen schützt zudem bestimmte Gemüsearten vor der Austrocknung. Die Gefäße können auch ohne einen gewässerten Boden genutzt werden. Dann herrscht ein dunkles, luftiges, trockenes Klima bei Raumtemperatur, das eine Lagermöglichkeit für frische Lebensmittel bietet, die kälteempfindlich sind, ihr Aroma durch Kälte verlieren oder kurzfristig reifen müssen.
Die offenporigen Eigenschaften des gesinterten Materials sorgen für längere Haltbarkeit von Obst und Gemüse. Foto: Georgia von le Fort