Flaschen des P&G-Wäscheparfums Lenor tragen seit Herbst 2020 digitale Wasserzeichen. (Bild: P&G)
Procter & Gamble verpackt die Zukunft
In einer Zeit der Umbrüche bleibt wenig beim Alten. Das trifft auch auf die Verpackungsbranche zu. Aber wohin geht die Reise? Jürgen Dornheim sollte es wissen. Der Ingenieur ist beim deutschen Sitz des Forbes-Global-2000-Unternehmens Procter & Gamble als Director Corporate Packaging Sustainability & Innovation tätig „Meine Hauptaufgabe ist es einerseits zu schauen, was wir besser machen können, andererseits aber auch zu sehen, wo es zum Beispiel bisher keine Lösungen gibt.“
Jürgen Dornheim, Director Corporate Packaging Sustainabilty & Innovation bei Procter & Gamble (Bild: P&G)
Lösungen sind ein Muss, denn die Probleme sind drängend. Die Verpackungsbranche muss nachhaltiger werden, da führt kein Weg dran vorbei. Ein zentrales Konzept sieht Dornheim in der vielbeschworenen Kreislaufwirtschaft. Also der nach Möglichkeit vollkommene Verwertungskreislauf einer Ressource ohne nicht wiederverwertbaren Materialverlust. „Wir möchten, dass unser Material zurückkommt und es auch den gesamten Kreislauf unbeschadet durchschritten hat“, erklärt Dornheim. „Am Ende wird aus dem vormaligen Abfall dann ein wertvoller Rohstoff. Und diesen Rohstoff wollen wir dann wieder neu einsetzen.“
P&G verarbeitet mittlerweile recycelbare Tuben aus Monomaterial (Bild: P&G)
Wie diese Umsetzung in der Praxis aussehen kann, veranschaulicht die Entwicklung neuer Zahnpastatuben für die von Procter & Gamble vertriebenen Marken (beispielsweise Oral-B, Crest oder Blend-A-Med). Lange Zeit ließ das Unternehmen die Tuben althergebracht mehrlagig herstellen. Doch im Sinne der nachhaltigen Ressourcennutzung ließ der Konzern eine Monomateriallösung entwickeln, durch die das Produkt aus der Klasse „nicht recyclingfähig“ in die Klasse „recyclingfähig“ aufstieg. „Das war nicht gerade einfach, aber wir haben Lösungen gefunden“, so Dornheim.
Die multifunktionale Verpackung
Neben der Materialfrage gehört zur Zukunft der Verpackung auch eine bisher nicht dagewesene Multifunktionalität. Vorbei sind die Zeiten, als eine Waschmittelflasche bloßes Behältnis war. Das könnte man zumindest meinen, wenn man sich das Procter-und-Gamble-Waschmittel Lenor (Europa, Russland, Japan; in den USA als Downy vertrieben) ansieht. Das trägt seit Herbst 2020 eine für das menschliche Auge unsichtbare Kennzeichnung, ein digitales Wasserzeichen mit dem bedeutungsschwangeren Namen „Holy Grail“. Damit wird eine maschinelle Sortierung gebrauchter Verpackungen erheblich vereinfacht und somit die Wiederverwertbarkeit der Materialien merklich erhöht. Beinahe schon als Nebeneffekt ergibt sich durch dieses Wasserzeichen aber auch die Möglichkeit, den Kassenvorgang im Supermarkt vollständig zu automatisieren. „Und so wurde der Kreis der Unterstützer von ganz ungewohnter Seite größer“, weiß Dornheim zu berichten.
Der Kunde gewöhnt sich nur langsam
Dass Innovationsbestrebungen und Umstellungen aber nicht immer von Erfolg gekrönt sind, liegt wohl auf der Hand. Am Ende zählt immer noch, wie der Kunde eine Veränderung aufnimmt. Und bei allem öffentlichen Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umwelterhalt ist der Verbraucher nicht immer gnädig. Seife beispielsweise ist in fester Form sowohl ressourcensparender, weil ohne Wasser produziert, als auch CO2-ärmer, weil platzsparender zu transportieren. Der Kunde gewöhnt sich aber nur langsam an solche Veränderungen, weiß auch Dornheim: „Das geht an vielen Stellen nicht von heute auf morgen. Und da haben wir auch schon in einigen Märkten oder in einigen Ländern Lehrgeld bezahlt.“
Am Ende des Tages muss vielleicht nicht jeder Versuch glücken – auch wenn das natürlich wünschenswert wäre. Denn jeder Versuch sendet einen Impuls in die Branche aus, dass Veränderung angestrebt wird und machbar ist. Da wird eine kopierte Idee auch schnell mal zum Kompliment an die eigenen Bemühungen, findet zumindest Dornheim: „Ich betrachte es immer als eine gewisse Ehre, wenn man sieht, dass andere eine Idee, die man selbst auf den Markt bringt, kopieren. Das zeigt mir doch, wir haben nicht alles verkehrt gemacht.“