Versandlager oder Illyrien? Inszenierung von„Was ihr wollt“ an der Staatsoper Hannover mit einem Bühnenbild aus 365 Kartons. Foto: Staatsoper Hannover/Jörg Landsberg
365 Kartons für Operninszenierung
Die richtige Transportverpackung schützt das Produkt vor Beschädigungen. Besonders wichtig ist dies im Falle teurer Kunstgegenstände wie bei Bildern oder Skulpturen, die teilweise über lange See-, Straßen- oder Luftwege versendet werden. Doch Kartonverpackungen eignen sich nicht nur für den Transport von Kunstgegenständen. Sie können darüber hinaus selbst zur Kunst werden.
Hochgestapelt
Ein Bühnenbild, einzig mit Versandkartons bestückt, zeigte die Staatsoper Hannover Ende 2018 bei ihren insgesamt acht Aufführungen der Oper „Was ihr wollt“ von Manfred Trojahn. Ein gewaltiger Turm aus Verpackungsschachteln in verschiedenen Brauntönen und unterschiedlichen Formaten bildete die Kulisse für das Theaterstück nach der Vorlage der bekannten Komödie von William Shakespeare. Bis zur Decke gestapelt, erinnerte die Dekoration eher an eine Lagerhalle als an das Ufer Illyriens.
Spannend auch der Entstehungsprozess der Bühne: Dabei wurden physikalische Gesetze regelrecht ausgehebelt – Schlanke Kartonstapel wurden mit zunehmender Höhe immer breiter. Der Einsatz von Gabelstaplern oder von Schauspielern, die aus den Kartons gesprungen kamen, sorgte für viel positive Resonanz bei Zuschauern und Kritikern. Die Aufwändige Produktion hat sich also gelohnt: Mehr als fünf Wochen hat die Hannoversche Kartonagenfabrik mit der Herstellung der insgesamt 365 Pappkartons in 55 Formaten verbracht.
Upcycling: einmal anders
Auch in anderen Schauspielhäusern, an Filmset und bei Events sind Kartonverpackungen als Dekoration beliebt – sie sind günstig und flexibel einsetzbar. Ob als Laufsteg oder im Biedermeierzimmer – wenn Verpackungen durch eine Zweit- oder Drittverwendung ein neues Leben erhalten, ist damit auch immer der Umwelt geholfen.
Cardboard Cathedral: Wiederaufbau mit Holzbalken, Containern und 96 Kartonage-Röhren: Foto: mrpbps, www.flickr.com
Bauwerke aus und mit Verpackungen
Nicht nur das Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude ist für zahlreiche Großprojekte aus Verpackungsmaterialien aller Art weltweit bekannt geworden. Für Aufsehen sorgte auch die Idee des Architekten Shigeru Ban. Anders als bei Christo und Jeanne-Claude stehen bei ihm der Erhalt und der Wiederaufbau bestimmter Bauwerke im Fokus seiner Arbeit. So hat der Japaner beispielsweise nach einem Erdbeben im Jahr 2011 die Kathedrale im neuseeländischen Christchurch unter anderem mit 96 Röhren aus Kartonmaterial wieder aufgebaut. Damit ist sie derzeit die einzige Kathedrale weltweit, die aus Kartons besteht.
Stabilität in Katastrophengebieten
Welchen zusätzlichen Wert Verpackungen haben können, beweist auch der Einsatz von Kartonmaterialien in Katastrophengebieten. In von Wirbelstürmen, Tsunamis, Erdbeben und anderen Naturkatastrophen betroffenen Regionen müssen Ersatzbehausungen für obdachlose Menschen vor allem schnell, aber auch günstig und einfach geschaffen werden. Oftmals nutzen die Helfer vor Ort deshalb festes Verpackungsmaterial als ergänzende Bausubstanz für den provisorischen Erhalt von Gebäuden – zum Beispiel mit speziell konstruierten Kartonröhren.