Ernährungsberater, -institute und -wissenschaftler geben ihr Bestes – doch Worte allein scheinen keine effektive Wirkung im Kampf gegen zu viele Pfunde zu erzielen. Neue Gesetzesvorschläge sollen Verbraucher nun auf andere Art und Weise zum Umdenken bewegen: höhere Steuern, weniger Werbung und Stoppzeichen auf Verpackungen.
Chile als Vorreiter
Chile gilt als Land mit einer wahren Übergewichtsepidemie sowohl unter seiner erwachsenen Bevölkerung als auch bereits bei Kindern und Jugendlichen. Einem weiteren Anstieg dieser allgemeinen Körperfett-Zunahme entgegenzuwirken, hat die Regierung des südamerikanischen Landes einen obligatorischen Maßnahmenkatalog verabschiedet. Durch diesen werden vor allem Verpackungsdesignern und Marketingstrategen enge Grenzen gesetzt. Lebensmittel- und Getränkehersteller betroffener Marktbereiche haben sich unter anderem auf folgende bereits in Kraft getretenen bzw. geplanten Regularien einzustellen:
Noch trägt ‚Tony the Tiger’ keine schwarze Binde mit Warnhinweisen zum Zuckergehalt über seinem Kopf. Lediglich die Inhaltsstoffe sind auf dieser Verpackung aufgeführt. Foto: Kellogg's ® Zucaritas ®
Werbung:
kein Marketing für Kinder unter 14 Jahren erlaubt
Verbot von Fernsehwerbung für ungesunde Snacks im Rahmen von Kindersendungen, ab 1 Januar 2019: komplettes Werbeverbot in Radio und TV zwischen 6 Uhr morgens und 22 Uhr abends
Verkaufsverbot von Junkfood – inklusive Eiscreme und Schokolade – an Schulen
Steuersatz von 18 Prozent auf Getränke mit mehr als 6,25 Gramm Zucker pro 100 Milliliter
Verpackungen:
keine Comicbilder auf Verpackungen
kein Verkauf von Süßigkeiten mit beigefügtem Spielzeug
Abdruck gut sichtbarer, schwarzer Achtungs-Zeichen auf Verpackungs-Vorderseiten als Hinweis auf ungesunde Zutaten wie gesättigten Fetten oder Zucker, Salz und Kalorien bei Überschreitung festgelegter Grenzen (pro 100 Gramm zehn Gramm Zucker, 400 Gramm Salz, 275 Kalorien)
Bereits jetzt sind die Auswirkungen spürbar: Verbraucher greifen rund 25 Prozent häufiger zu Verpackungen ohne Warnzeichen. Konsequenz: Produzenten müssen die Warnzeichen umgehen, um ihre Umsätze wieder steigern zu können. Einzige Option: die Verarbeitung gesünderer Inhaltsstoffe.
Verpackungen mit Gesundheitshinweisen
Nicht nur in Chile – in vielen vor allem westlichen Industrienationen wird Übergewicht zunehmend zu einem Problem, das nicht nur die private Gesundheit der Betroffenen betrifft, sondern auch öffentliche Investitionen zur Behandlung der Folgebeschwerden notwendig werden lässt.
In den USA gelten derzeit gut 23.5 Millionen Kinder und Erwachsene als übergewichtig. Dies entspricht mehr als einer Verdreifachung seit 1970. Dennoch sind Kinder und Jugendliche als Zielgruppe für die Bewerbung von Chips, Keksen, Burgern und Co äußerst beliebt. Allein in den USA fließen jährlich rund 17 Milliarden US-Dollar in entsprechendes Marketing. Dabei finden sich Kindercomics auf Verpackungen so gut wie überall wieder. Von einer baldigen Beschneidung der Rechte im Verpackungsdesign in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist derzeit nicht auszugehen.
Der Trend für alkoholisches Wassereis stammt aus den USA. Dort werden Cocktails als Push-Pop zum Herausdrücken verpackt. Foto: Buzz Pop Cocktails
Anders in Kanada und Taiwan: Diese beiden Länder haben bereits Gesetze erlassen, die zum Beispiel Spielzeuge in Essensverpackungen limitieren und vorschreiben, dass ungesunde Zutaten auf Lebensmittelverpackungen verpflichtend optische hervorgehoben werden müssen. In Frankreich tragen Verpackungen von Produkten mit fettigem, salzigem oder mit Süßungsmitteln angereichertem Inhalt bereits einen Gesundheitshinweis: Fünf Portionen am Tag von Früchten oder Gemüse sind wichtig gut für die Gesundheit.
Sportliche Hinweise
Britische Verbraucherschützer verfolgen eine andere Strategie: Ginge es nach ihren Forderungen, sollten Lebensmittelverpackungen von süßen oder fettigen Speisen verpflichtend Hinweise zu einer sportlichen Betätigung tragen. Die Botschaft könnte dann in etwa lauten: „Wenn Du diesen Schokoriegel isst, kannst Du Dir mit 100 Kniebeugen und 1.000 Meter Laufen um den Block die gerade zugeführten Kalorien wieder abtrainieren.“ Piktogramme mit Bergläufern auf Coca-Cola-Flaschen oder Etiketten mit Übungsanleitungen auf Schokoladentafeln – nach Ansicht der Experten sei dies der wahre Weg zur Vermeidung weiterer Fettleibigkeit.