Die Anzahl an Online-Käufen und damit auch versendeten Verpackungen wächst weltweit von Jahr zu Jahr. (Bild: Claudio Schwarz/unsplash)
Verpackungen in Zeiten des E-Commerce
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist der Versandhandel aus unser aller Leben nicht mehr wegzudenken. Wo es einst noch eine Kuriosität war, Bücher im Internet zu bestellen, ist der Paketlieferdienst mittlerweile in jeder Wohngegend ein alltäglicher Anblick. Und mit dem Weihnachtsgeschäft vor der Tür dürften Paketzulieferer einmal mehr auf Hochtouren laufen.
Vor allem bei Kleidung wird der Trend – sofern man die Entwicklung überhaupt noch einen Trend nennen kann – mehr als deutlich. So machte der durch Onlinekleidungsverkäufe erzielte Umsatz in Deutschland 2019 mit 9,8 Milliarden Euro gut ein Fünftel des insgesamt in dieser Warengruppe erzielten Umsatzes aus. Das sind keine Peanuts.
Einen entscheidenden Anteil daran, dass die Kundinnen und Kunden mit dem erhaltenen Produkt zufrieden sind, hat die Versandverpackung. Für den E-Commerce ist es von absoluter Wichtigkeit, dass das Produkt unbeschadet und frei von äußeren Einflüssen den Weg zum Endverbraucher findet. Wie bei allen Verpackungen ist also auch hier der Produktschutz das A und O. Einer von DS Smith in Deutschland in Auftrag gegeben Studie zufolge gaben 47 Prozent der Befragten an, aufgrund eines beschädigten Produktes einen weiteren Einkauf beim selben Verkäufer zumindest zu überdenken. Bei immer noch 43 Prozent würde das Ansehen der Marke leiden. Es lohnt sich also, bei der Versandverpackung nicht am falschen Ende zu sparen.
Nachhaltigkeit ist gefragt
Dies kann allerdings einer Gratwanderung gleichen. Denn auch im Bereich E-Commerce stehen die Zeichen auf Nachhaltigkeit und wer sich nicht kümmert, der wird unter Umständen von Verbraucherinnen und Verbrauchern abgestraft. Laut der DS-Smith-Studie stören sich beispielsweise in Deutschland 76 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher an einer für das Produkt offensichtlich zu großen Verpackung. Immerhin noch 56 Prozent hegen der Studie zufolge aufgrund einer solchen Verpackung Zweifel am Nachhaltigkeitsengagement des Herstellers. Das kann sich negativ auf zukünftige Kaufentscheidungen auswirken.
Die paper e-com von Hugo Beck passt die Beutelgröße an die Produktabmessungen an. (Bild: Hugo Beck GmbH)
Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, ist das sogenannte Rightsizing. Moderne Verpackungsmaschinen sind in der Lage, Kartonbahnen während des Verpackungsprozesses auf das zu verpackende Produkt zuzuschneiden, anstatt nur aus einem kleinen Katalog an Standardgrößen zu wählen, die dann gegebenenfalls zu groß sind. Der deutsche Maschinenbauer Hugo Beck etwa bietet mit der Verpackungsmaschine paper e-com eine Lösung zur individuellen Abpackung von Produkten an. Sowohl unbeschichtete als auch beschichtete, recycelbare Papiere können zur Herstellung von Papierbeuteln mit zwei vernähten Seiten und einer Überlappung oben verwendet werden. Die Beutelgröße wird automatisch an unterschiedliche Produktabmessungen in Länge und Breite angepasst – und weil die paper e-com fit Papierrollen in zwei verschiedenen Breiten verwendet, reduziert sie zusätzlich den Papierverbrauch.
Flexibilität und Recycelbarkeit
Flexible Beutel wie der WalkiFibre Wrap nehmen beim Transport weniger Raum ein als Kartons und sparen so CO2 ein. (Bild: Walki Group)
Eine weitere Option, um Verpackungsmaterial einzusparen, sind, sofern das Produkt dies zulässt, flexible Versandtaschen. Bereits Ende 2021 hat Versandriese Amazon in den USA und teilweise auch in Europa zunächst im Bereich Lebensmittelversand und später auch allgemein flexible Verpackungen auf Papierbasis in sein Sortiment aufgenommen. Diese Entwicklung dürfte ohne Frage Signalwirkung haben. Ebenso richtungsweisend ist die Entscheidung des Unternehmens, bei kleineren Sendungen nicht mehr auf Umverpackungen mit Kunststoff zurückzugreifen.
Auch der finnische Papierexperte Walki hat jüngst eine entsprechende Verpackungslösung für kleinere E-Commerce-Sendungen ins Portfolio aufgenommen. Die WalkiFibre Wrap genannte Versandtasche ist eine flexible Verpackung auf Faserbasis, die trotz PE-Beschichtung in vielen Ländern recycelbar ist.
Ebenfalls lässt sich beim Produktschutz im inneren des Paktes etwas für die Nachhaltigkeit tun. Füll- und Polstermaterial lässt sich mittlerweile auch aus nachwachsenden und/oder recycelbaren Materialien herstellen, was von Verbraucherinnen und Verbrauchern geschätzt werden dürfte.
In die Zukunft mit Mehrweg?
Noch in den Kinderschuhen steckt das Konzept der wiederverwertbaren Versandverpackung. Keine Frage aber, dass sich auf diesem Feld in den kommenden Monaten und Jahren viel tun wird. Davon zeugen zahlreiche Start-ups, die rücksendbare Verpackungen aus nachhaltigen Materialien auf den Markt bringen und die entsprechenden Kreisläufe in die Wege leiten. Diese vielversprechende Option dürfte allerdings auch eine der herausforderndsten sein, verlangt sie doch auch Verbraucherinnen und Verbrauchern ein nicht zu unterschätzendes Engagement ab.
Ein Aspekt, der neben der Nachhaltigkeit nicht vernachlässigt werden sollte, ist der sogenannte Unboxing-Moment. Durch das Wegfallen des Einzelhandels ist das Auspacken eines Produktes mittlerweile häufig die einzige Situation, in der Kundinnen und Kunden unmittelbar mit der Marke in Berührung kommen. Zwar dürfte das Hauptaugenmerk häufig auf der Primärverpackung liegen, doch auch die Versandverpackung darf mehr sein als ein schnöder, brauner Karton. Das Auge isst bekanntlich mit.
Kurzum: Man mag vom Onlineversandhandel halten, was man will, doch es gibt keinen Weg mehr vorbei. Verpackungshersteller und -verbraucher sind gut beraten, die eigenen Produkte auf Verbesserungsmöglichkeiten hin zu überprüfen.