EU-Tabakverordnung: Track und Trace für Tabakprodukte
Am 20. Mai 2019 tritt die erste Phase der überarbeiteten EU-Verordnung zur Rückverfolgung von Tabakprodukten in Kraft. Zigarettenverpackungen & Co. müssen danach künftig mit einer individuellen ID ausgezeichnet werden.
Serialisierung bei Tabakprodukten
Nach einer Studie der Unternehmensberatungsgesellschaft KPMG betrug der Handel mit gefälschten und geschmuggelten Zigaretten innerhalb der EU, Norwegens und der Schweiz im Jahr 2018 gut 8,7 Prozent des Gesamtkonsums. Dies entspricht der auch weltweit geschätzten Dunkelziffer von ca. 8,5 Prozent – bzw. einer Anzahl von rund 44,7 Milliarden Zigaretten. Neben Warnungen zu gesundheitlichen Risiken beim Rauchen sollen Tabakprodukte in Zukunft zur Bekämpfung des illegalen Absatzes eine jeweils einmalige Seriennummer erhalten. Für Verpackungshersteller bedeutet dies die verpflichtende Angabe eines individuellen Codes auf Verpackungen und Tabakerzeugnissen.
Erste Phase der EU-Tabakrichtlinie
Rund 750 Millionen Zigarettenpackungen gehen weltweit täglich über den Ladentisch. Die erste Phase der geänderten EU-Richtlinie zur Rückverfolgung von Tabakprodukten auf dem Europäischen Markt betrifft Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen. Bis zum Jahr 2024 sollen nach und nach alle weiteren Tabakprodukte folgen. Die Norm sieht vor, sämtliche Bewegungen der Tabakprodukte während der gesamten Lieferkette zu scannen und aufzuzeichnen. Jede einzelne Tabakproduktpackung muss mit einer individuellen ID versehen werden und Merkmale für einen Fälschungsschutz enthalten.
Große Datenmenge auf Verpackungen
Auf dem gesamteuropäischen Verpackungsmarkt erfolgen derzeit rund 75 Prozent der Verpackungscodierungen über qualitativ hochwertige Lasercodes. Die Vorteile liegen hier in geringer Wartung und hoher Zuverlässigkeit. Durch die Neuregelung in der Tabakindustrie allerdings wachsen die Anforderungen an den Barcode. Er muss künftig Informationen speichern können, die von Beginn bis Ende eine lückenlose Verfolgung in Echtzeit sowie die Übertragung an eine zentrale EU-Datenbank ermöglichen. Dafür müssen bis zu fünfzig Zeichen pro Datenträger codiert werden – eine zu hohe Anzahl für klassische Data Matrix Codes. Vermehrte Informationsspeicherung bedeutet für die Hersteller gleichermaßen umso längere Kennzeichnungsprozesse. Aktuelle Codiergeräte müssen in ihrer Leistung erhöht oder sogar um weitere Ausrüstungsmerkmale ergänzt werden. Teilweise ist eine Integration der neuen Beschriftungssysteme in die Produktionslinien gar nicht möglich.
Welchen 2-D-Code die jeweiligen Mitgliedsstaaten nutzen, ist Ländersache: ob Data Matrix, Dotcode oder QR. Aktuell werden für die Kennzeichnung der 2D-Dotcode oder Data Matrix Code genutzt, der zusätzlich auf den Zigaretten und Selbstdreh-Tabak-Päckchen aufgebracht wird. Um die zahlreichen Informationen auf kleinem Platz darstellen zu können, blickt die Tabakindustrie Richtung Pharma- und Elektronikbranche. Hier werden in der Hauptsache sogenannte Dotcodes eingesetzt, die aus von bis zu 144 schwarz-weißen Feldern bestehen und vergleichsweise große Datenmengen auf kleinem Raum darstellen können.
Etikettierung möglich
Zur Einhaltung des Track & Trace-Systems können die betroffenen Tabakprodukte Aufkleber mit einer Seriennummer erhalten. Durch die Datenspeicherung ist jeder Schritt entlang der Lieferkette nachvollziehbar. Die Individualisierung erfolgt während der Herstellung. Produzenten müssen hierbei über die benötigten Etikettendrucker verfügen und eine Partnerschaft mit einer externen Firma für eine geeignete Softwareanbindung eingehen.
Philipp Morris nutzt Smart Tagging-System
In Frankreich wuchs die Kriminalitätsrate bezogen auf den Tabakhandel in den letzten Jahren kontinuierlich an. Von 2017 bis 2018 ist die Anzahl der Einbrüche bei Tabakhändlern um gut sieben Prozent gestiegen, allein im Januar 2018 wurden Zigaretten im Wert von 407.400 Euro gestohlen. Philipp Morris Frankreich hat in Zusammenarbeit mit dem weltweiten Marktführer für Konnektivität Sigfox sowie Follower Product (FP) im Januar 2019 das weltweit erste Smart Tagging-System zur Bekämpfung von Zigarettendiebstahl und Tabakwaren-Schmuggel vorgestellt. Das von FP entwickelte sogenannte Calumet-Tag wurde nach einer erfolgreichen halbjährigen Testphase vom französischen Innenministerium genehmigt und kommt zunächst regional zum Einsatz, die nationale Einführung ist für einen späteren Zeitpunkt geplant. Es basiert auf der Nutzung des Internets der Dinge (IoT), ist bi-modal ausgelegt und standardmäßig mit dem Sigfox-Netzwerk verbunden. So ist es möglich, die Ware im Falle eines Diebstahls sofort zu orten. Die Technologie kann bei Vorliegen einer Sigfox-Netzabdeckung auch in weiteren Branchen und landesübergreifend angewendet werden.
Neben der Sicherheit vor Fälschungen geht es bei Zigarettenverpackungen auch immer um das Thema Gesundheitsschutz. Der niederländische Gesundheitsminister möchte bald für sämtliche Zigarettenpackungen eine einheitliche Form und Farbe vorschreiben. Danach soll neben Gesundheitswarnungen und Fotos einzig der Name des Herstellers individuell aufgedruckt werden dürfen. Ab 2022 möchte er sein Vorhaben auf gerollten Tabak und E-Zigaretten erweitern und den Preis einer Packung mit 20 Zigaretten im Laufe der kommenden vier Jahre auf zehn Euro pro Verpackung anheben. Nach aktuellen Zahlen rauchen in den Niederlanden derzeit rund 22 Prozent der Bevölkerung.
Australien war das weltweit erste Land, das 2012 das sogenannte Plain Packaging für Zigaretten eingeführt hat, Großbritannien folgte einige Jahre später. Auch die Saudi-Arabische Food and Drug Behörde hat bereits Schritte eingeleitet, standardisierte Verpackungen für alle Formen von Tabakerzeugnissen anzuwenden. Danach müssen Marken- und Produktname in vorgegebener Standardfarbe und Schriftart auf die Verpackung gedruckt werden, weitere Logos, Farben, Bilder oder Werbeinformationen sind auf und in der Verpackung verboten. Die Umsetzung muss bis zum 1. Mai 2019 erfolgen.