Wo hilft Automatisierung beim Verpacken?

Wie zahlreiche andere Branchen sieht sich auch die Verpackungsindustrie in den letzten Jahren mit einer Vielzahl veränderter Umstände konfrontiert – manche erfreulich, andere weniger. Zu den letzteren Phänomenen gehört das Schreckgespenst „Fachkräftemangel“. Unternehmen haben trotz guter Auftragslage Probleme, das entsprechende Personal aufzubringen.

Im schlimmsten Fall drohen dadurch eklatante Ausfälle. Ursache dafür ist nicht zuletzt, dass die sogenannte „Babyboomer“-Generation das Rentenalter erreicht hat und nachfolgende Jahrgänge schlicht und ergreifend nicht so geburtenstark waren. Durch den geänderten Bedarf und neue Ansprüche an Verpackungen im Zuge der Corona-Pandemie hat sich die Situation noch verschärft.

Erst im Januar warnte der deutsche Industrieverband Papier- und Folienverpackung (IPV) vor der Problemlage. „Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, sondern bereits drei Minuten danach. Der Fachkräftemangel droht uns längst nicht mehr, sondern er beeinträchtigt bereits Produktion und Liefergarantien in der Branche. Aus einem Fachkräftemangel ist längst ein branchenübergreifender Arbeitskräftemangel geworden“, so der IPV-Geschäftsführer Karsten Hunger.

Wie also entgegenwirken? Einen Ausweg aus der Situation verspricht das Zauberwort „Automatisierung“. Auf dem Papier stellt sich das recht leicht dar: Bisher manuelle Arbeiten werden in Zukunft von hochspezialisierten Maschinen und Robotern ausgeführt. Kein Personalbedarf, kein Urlaub, Produktion rund um die Uhr.

Doch neben diesen drängenden Faktoren verspricht die automatisierte Produktion noch weitere Vorteile. Da ist zum einen die Geschwindigkeit. Wenn es um einzelne Arbeitsschritte geht, wird eine spezialisierte Maschine die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Sachen Schnelligkeit in der Regel schlagen. Mittels Maschinen lässt sich also der Absatz signifikant erhöhen. Gerade in der Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetikverpackung kann die Automatisierung zudem durch weniger manuelle Kontaktpunkte zu einem geringeren Kontaminationsrisiko des Produktes führen.

In der Realität stellt sich der Automatisierungsprozess natürlich als wesentlich komplexer heraus. Bevor ein einsatzbereiter Roboter in der Werkshalle steht, muss der auszuführende Arbeitsschritt genaustens analysiert, Bewegungsabläufe modelliert und Kompatibilität mit Packmitteln abgestimmt werden.

Am Anfang des Prozesses steht daher eine Kosten-Nutzen-Analyse. Wie die aussehen kann, das zeigt der Robotik-Spezialist Omron. Das Unternehmen bietet einen Return-on-Investment-Rechner an, der Interessentinnen und Interessenten zeigt, ab wann sich die Anschaffung eines mobilen oder kollaborativen Roboters für den eigenen Betrieb lohnt. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen lässt sich so bereits weit im Voraus abschätzen, ob und ab wann sich der Schritt hin zur Automatisierung lohnt.

Als nächstes folgt die Frage, welcher Arbeitsprozess überhaupt automatisiert werden soll. Denn längst nicht alle Schritte im Fertigungsprozess lassen sich ohne weiteres von Robotern erledigen. So ist ein besonders geeigneter Bereich etwa das Be- und Entladen von Maschinen wie auch das Depalettieren. Die einzelnen Arbeitsschritte gestalten sich in der Regel denkbar einfach und fallen außerdem ständig an.

Auf der interpack zeigt beispielsweise der Maschinenbauer Syntegon, wie Maschinen beim Verpacken eingesetzt werden. Das Unternehmen stellt auf seiner Fläche den Seitenlader-Kartonierer BEC seiner Tochter Kliklok als Teil einer integrierten Linie zum Verpacken von Schichtkuchen aus. Eine Robotik-Pick-and-Place-Plattform greift jeweils fünf in Schlauchbeutel verpackte Kuchenstücke und führt diese in den BEC, wo sie dann vollautomatisch in Kartonschachteln verpackt werden. Dabei erzielt die Maschine eine Leistung von bis zu 135 Schachteln pro Minute. Da kann ein Mensch nicht mithalten.

Ein weiterer Bereich, der im Verpackungsprozess gut automatisiert werden kann, ist die Produktinspektion. Vor allem im Bereich der Lebensmittelverpackung ist es wichtig, dass keine fehlerhaften Waren in den Verkauf geraten und zu kostspieligen Rückrufen oder, im schlimmsten Fall, gar zu gesundheitlichen Problemen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern führen.

Absolutes No-Go in der Lebensmittelverpackung sind Fremdteile im fertigen Produkt oder der Umverpackung. Hier helfen automatisierte Röntgensysteme dabei, entsprechende Verpackungen zu erkennen und aus der Linie zu sortieren. Auf der interpack lässt sich dieser Prozess etwa am Stand von Mettler-Toledo begutachten. Das Maschinenbauunternehmen zeigt die neuste Generation seiner Metalldetektorenreihe M30 R. Diese erkennen metallische Fremdkörper in trockenen Nahrungsmitteln, etwa Nudeln oder Süßwaren, aber auch in großformatigen Produkten wie Fleischkisten und Mehlsäcken.

Bei all ihren Vorzügen sind die vollautomatischen Lösungen allerdings stets eine nicht zu unterschätzende finanzielle Investition, die vielleicht nicht jeder stemmen kann oder will. Ein Kompromiss zwischen Automatisierung und Finanzierbarkeit findet sich in Form von sogenannten Cobots. Dabei handelt es sich um kollaborative Roboter (daher der Name), die zwar ebenso wie autonome Roboter auf einzelne Arbeitsschritte spezialisiert sind, dabei aber stets von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter bedient werden. Häufig sind sie kleinformatiger und können ohne räumliche Abtrennung aufgestellt werden, eignen sich also auch für herausfordernde Raumsituationen.

Wie kompakt ein Abfüllprozess mit einem Cobot sein kann, zeigt der Maschinenbauer Schubert auf der interpack mit einer Anlage für den Kosmetikhersteller Börlind. Auf einer Fläche von zwei mal vier Metern werden mithilfe des neuen tog.519 flüssige Kosmetika in Glasflaschen oder Glastiegel gefüllt und anschließend verschlossen, gewogen, gesiegelt und geprüft.

Kurzum: Die Automatisierung von Arbeitsschritten glänzt mit zahlreichen Vorzügen, stellt aber auch eine gewichtige Investition dar, gerade für Kleinunternehmer und Mittelständler. In Anbetracht zunehmend umworbener Fachkräfte werden sich aber wohl immer mehr Unternehmen für Automatisierungslösungen entscheiden, vor allem bei häufig anfallenden und leicht zu automatisierenden Arbeitsschritten.