Russischer Verpackungsmarkt gewinnt an Einfluss

Im Verpackungsmarkt des größten Landes der Erde stehen nach schwierigeren Zeiten und der nötigen Umorientierung der lokalen Wirtschaft die Zeichen seit einiger Zeit wieder auf Wachstum. Konsumenten fordern ansprechende und hochwertige Verpackungen für ihre Waren; gesetzliche Vorschriften zu fälschungssicheren und wiederverwertbaren Verpackungen erfordern die Nutzung innovativer Technologien und Know-how für moderne Verpackungsmaschinen.

Der Einfluss auf den europäischen Verpackungsmarkt steigt. Obwohl derzeit noch rund zwei Drittel des gesamteuropäischen Marktes aus westeuropäischen Verpackungsgütern generiert werden, zeigen bereits die vergangen Jahre ein überdurchschnittliches Wachstum und damit einen steigenden Einfluss osteuropäischer Länder (Vergleich 2017-2018: Westeuropa: 1,3 Prozent, Osteuropa: 3,7 Prozent). Der Aufschwung soll nach Prognosen mindestens bis ins Jahr 2023 anhalten. Russland nimmt hier eine Vorreiterposition ein.

Trotz eher schwacher Konjunktur konnten bedeutende Abnehmerbranchen ihre Produktion steigern. Damit soll Russland auch künftig ein attraktiver Markt für Verpackungen bleiben. Nach Prognosen des Branchenverbands NK Pak wächst der Bedarf jährlich zwischen drei und vier Prozent. Derzeit entfallen zwei Prozent der weltweiten Nachfrage nach Verpackungen auf Russland, dessen Marktvolumen für Verpackungsmaterial im Jahr 2017 auf knapp 13 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde. Die Regierung Russlands fördert den Aufbau von Verarbeitungsbetrieben für Verpackungen.

Das russische Handelsvolumen verpackter Lebensmittel beträgt 2018 rund 27,5 Millionen Tonnen und soll bis zum kommenden Jahr auf 29 Millionen Tonnen ansteigen. Derzeit belegt das Land in Kombination mit dem Getränkeabsatz den achten Platz weltweit. Die Einfuhr von Equipment für Lebensmittelverarbeitungen und -verpackungen hat sich seit 2009 verdoppelt, im Jahr 2018 betrug der Markt für solche importierte Anlagen rund zwei Milliarden US-Dollar.

2018 machten die Umsätze im russischen Onlinehandel einen ordentlichen Sprung nach oben. Mit insgesamt 290 Millionen Bestellungen betrug der Anstieg laut russischer Forschungsagentur für E-Commerce Data Insight ein Fünftel, umgerechnet 15,5 Milliarden Euro, gegenüber dem Vorjahr. Entsprechend ist auch die Summe der beförderten Pakete gestiegen – um ein Drittel auf 350 Millionen.

Prognosen des renommierten Gaidar-Instituts sehen einen Anstieg im Onlinehandel bis 2024 auf 2, 7 Billionen Rubel (etwa 37,8 Milliarden Euro) voraus. Morgan Stanley geht sogar von einem Umsatzanstieg von 3,5 Billionen Rubel aus. Eines der dynamischsten Segmente sind Lebensmittellieferungen.

Der Einzelhandel wird modernisiert, Supermärkte laufen Verkaufsflächen mit unverpackten Warenangeboten den Rang ab. Zudem erfordern zunehmende Singlehaushalte kleinere Verpackungsgrößen und praktische Designs zum Mitnehmen.

Erleichtert wird den Verpackungsherstellern die Anpassung an das veränderte Konsumverhalten durch fehlende Standard-Vorgaben zu Verpackungsgrößen. So kann ein Milchkarton ebenso mit knapp einem Liter als auch 0,83 Liter in den Handel gebracht werden.

Darüber hinaus läuft seit Dezember 2018 ein Pilotprojekt zur Kennzeichnung von Milch und Milchprodukten. Hersteller können hier freiwillig auf ihre Produktverpackungen Angaben zur gesamten Lieferkette vom Kuhstall bis zum Verkauf abdrucken. So soll den Endverbrauchern eine Nachverfolgung erleichtert, der Umlauf minderwertige Waren vermieden und die Logistik beim Transport und Handel effizienter werden.

Ebenfalls freiwillig ist die Kennzeichnung von Lebensmittelverpackungen mit einem sogenannten Ampelsystem. Hier werden durch die Farben Rot, Gelb und Grün die Anteile von Zucker, Salz und Fett auf 100 g angegeben; durch die Farben erkennen Verbraucher auf einen Blick, wie gesund das Nahrungsmittel ist.

Durch die verstärkte Nachfrage nach Lebensmitteln wächst besonders der Bedarf an Verpackungen aus Wellpappe und Hartplastik. So entfiel im Jahr 2018 der größte Teil aller genutzten Verpackungsmaterialien auf Karton und Papier, gefolgt von weichen bzw. harten Kunststoffen; sodann Glas und Metall.

Auch lassen sich immer mehr russische Haushalte Fertigmahlzeiten durch Lieferdienste nach Hause bringen, was ebenfalls zu einem steigenden Bedarf an entsprechenden Verpackungen nach sich zieht. Zusammen mit dem grundsätzlich wachsenden Internet-Handel, werden vermehrt Verpackungsmaterialien wie festes Papier und Karton benötigt.

Abgepackte Arzneimittel stellten im Jahr 2017 mit 221 Milliarden US-Dollar den größten Sektor des russischen Importmarktes für Verpackungen. Prognosen gehen von einer weiteren Zunahme des Bedarfs an Pharmaverpackungen aus. Die Regierung plant, bis 2030 die Exportmenge zu steigern und im eigenen Land vermehrt einheimische Präparate zu nutzen. Um dem Markt gefälschter Arzneimittel Einhalt zu gebieten, müssen ab Januar 2020 sämtliche Arzneimittelverpackungen mit einem sogenannten Crypto Code sowie einen Data-Matrix-Code bzw. RFID-Tag pro verkaufsfähige Einheit ausgestattet sein.

Russlandweit wollen Hersteller ihre Produktionskapazitäten erhöhen. Dabei sind gesetzliche Vorgaben zum Recycling zu berücksichtigen. So gibt es vorgeschriebene Quoten zum Recycling bestimmter Verpackungsarten. Im Jahr 2020 gelten für Wellpappe ein Satz von 45 Prozent, bei Holz, Kork, Karton und Papier sowie Aluminium 20 Prozent und Metall und Glas jeweils 30 Prozent. Vorgesehene Umweltabgaben für Papier- und Kartonverpackungen in Höhe von 3055 Rubel (knapp 40 Euro) pro Tonne wurden aufgrund anhaltender Proteste zunächst verschoben. Auch die Konsumenten vermeiden zunehmend Einwegverpackungen aus Kunststoff. So nimmt bereits jeder vierte Verbraucher seine eigene Einkaufstasche mit in den Supermarkt.