200.000 Flaschen für ein T-Shirt

Edle Abendroben, Sportkleidung, Taschen, Lampenschirme und auch Kunstgegenstände können heutzutage bereits im industriellen Maßstab aus wiederverwertbaren Kunststoffen produziert werden. Bunte Aufdrucke und knallige Farben verbreiten dabei gute Laune und revidieren das biedere Image von Öko-Mode-Kleidung. Dank innovativer Maschinen und Verfahrenstechniken entsteht aus Altverpackungen hochwertiges Granulat, mit dem Kleidung und Gegenstände verarbeitet werden können. Sogar Hollywood ist davon begeistert.

Auf der MET Gala in New York zeigen sich die Schönsten der Schönen – und das war auch nicht anders, als Schauspielerin Emma Watson schon 2016 in ihrer Calvin Klein Robe vor die Presse trat. Ungewöhnlich allerdings das Textil: Die US-amerikanische Modefirma hat zur Herstellung ihres „bionic garn“ ein spezielles Verfahren zur Zerkleinerung von Kunststoffflaschen für die Nutzung des Rohmaterials entwickelt. Dieses wird sodann als Stoff für Bekleidungsstücke wiederverwertet. Auch die Outdoor-Ausrüster Polartec und O'Neill bieten ihrer Kundschaft seit einiger Zeit Funktionskleidung und Sportartikel aus Kunststoffresten an. Das Material ist besonders saugfähig und damit gut für sportliche Aktivitäten geeignet. Sogar ein Weltrekord wurde bereits gebrochen.

Nachdem vor rund acht Jahren mit fast 65 Metern Länge und einem Gewicht von gut 1.500 Kilogramm das größte T-Shirt der Welt vorgestellt wurde, beeindruckt die Plastindia Foundato in Südafrika nun mit einem noch größeren Shirt. Es ist 97,5 mal 70,08 Meter groß und aus insgesamt 200.000 Kunststoffflaschen entstanden. Doch für ewig wird auch dieses T-Shirt – zumindest in der jetzigen Form – keinen Bestand haben: Bald schon sollen aus dem Textil rund 10.000 kleinere Varianten produziert und kostenlos an hilfsbedürftige Kinder verteilt werden.

Andere Initiativen säubern Strände von Kunststoffresten, um daraus neue Textilien zu machen. Ein Beispiel ist das oben erwähnte Unternehmen O’Neill, das eine eigene Kollektion unter dem Motto „Our Ocean Mission“ herausgebracht hat. Alle Teile bestehen aus recyceltem an Stränden gesammeltem Kunststoff. Insgesamt wurden mit dieser Aktion nach eigenen Angaben rund 200.000 Flaschen in Shorts und T-Shirts verwandelt.

In der Regel werden die Altverpackungen zunächst gereinigt, zu Fäden verarbeitet und verwoben – teils zu einhundert Prozent aus recyceltem Polyester, teils mit Segeltuch oder Baumwolle gemischt. Im Durchschnitt sollen bei der Herstellung gegenüber einer Neuproduktion rund achtzig Prozent Energie und bis zu neunzig Prozent Wasser eingespart werden.

Nicht nur Kleidungsstücke und alltägliche Gebrauchsgegenstände können aus Kunststoffabfall hergestellt werden. In der südafrikanischen Provinz Gauteng finden sich Schüler, die ihren Unterrichtsstoff in Klassenzimmern aus recycelten Kunststoffflaschen erlernen. Vor fünf Jahren gegründet, hat das Unternehmen Botlleworx mit Bottles2Build einen Weg gefunden, gebrauchte Verpackungen zu quadratischen Flaschen zu pressen. Die Wände von insgesamt 45 Klassenzimmern bestehen mittlerweile bereits aus diesen soliden Strukturen. Für jedes einzelne werden rund 90.000 Flaschen benötigt. Sobald das Stahlgerüst steht, werden diese dicht aneinander gepackt und am Ende verputzt. So sind die Wände wasserfest und sparen zudem dank ihrer natürlichen Isolation über das gesamte Jahr Energiekosten ein.