Cartoons auf Süßwarenverpackungen sollen verschwinden

Von Verbraucherschutzverbänden bis hin zu Elterninitiativen gibt es Forderungen an Lebensmittelhersteller nach einem Verbot von Comicfiguren auf Süßwarenverpackungen – bislang mit wenig Erfolg. Der Europäische Verbraucherverband (BEUC) fand in einer Studie von über 100 getesteten Produkten aus 13 Ländern heraus, dass auf Verpackungen von gesünderen Produkten deutlich seltener Kindermotive wie etwa Comichelden abgebildet sind, als es bei Produkten mit hohem Zucker- oder Fettgehalt der Fall ist.

Nach einer Studie des Max Rubner-Instituts aus dem Jahr 2018 liegt der Zuckergehalt bei Frühstückscerealien für Kinder oft höher als bei Produkten für Erwachsene. Die Cartoons üben in der Regel große Anziehungskraft auf Kinder aus, die es wiederum häufig schaffen, ihre Eltern zu einem Kauf zu überreden.

In einer weiteren Studie der Wohltätigkeitsorganisation “Action on Sugar” wurden 2019 insgesamt 526 Süßwarenprodukten und Getränke mit Comicfiguren auf der Verpackung untersucht. Bei mehr als der Hälfte fanden sich überhöhte Zuckerzusätze. Nur 18 der untersuchten Lebensmittel waren als gesund eingestuft, so zum Beispiel Wasser, Obst und Gemüse.

LIDL UK VERBANNT COMICFIGUREN VON SÜSSWARENVERPACKUNGEN 

Um Kaufanreize für Frühstückscerealien mit besonders hohem Zuckeranteil zu reduzieren, werden künftig in keiner britischen Filiale der Supermarktkette Lidl mehr Kindermotive auf den Verpackungen der insgesamt acht hauseigenen Cerealiensorten zu finden sein. Bereits seit 2015 hat Lidl den Zuckergehalt in seinen Frühstücksflocken um 20 Prozent reduziert.

Warnzeichen auf Verpackungen in Chile

Das Land an der Pazifikküste Südamerikas tritt dem Kampf gegen Übergewicht bei Kindern mit drastischen Maßnahmen entgegen. So ist es seit 2016 gesetzlich verboten, Lebensmittelprodukte mit Kinderspielzeug als Kaufanreiz zu vermarkten. Zwei Jahre später wurde eine Vorschrift erlassen, nach der Zeichentrickcharaktere von sämtlichen Süßwaren und Snacks für Kinder verbannt und die Verpackungen stattdessen mit aufgedruckten schwarzen Warnschildern versehen sein müssen.

In Holland keine Cartoon-Helden für Sieben- bis Dreizehnjährige

Auch die niederländische Lebensmittelindustrie wirbt nicht länger mit Cartoon-Helden für zuckerhaltige Snacks, Frühstücksflocken und Co., deren Werbung sich an Sieben- bis Dreizehnjährige wendet. Nach offiziellen Zahlen sind in Holland rund 25 Prozent aller Zehn- bis Zwölfjährigen übergewichtig; sechs Prozent aller Kinder adipös. So gehören Zeichentrickfiguren wie die Minions auf Verpackungen ungesunder Lebensmittel auch hier der Vergangenheit an.

Deutschland setzt auf Freiwilligkeit

In Deutschland existieren bisher keine gesetzlichen Vorgaben zu einer Nutzung von Cartoons auf Verpackungen. Doch es gibt Unternehmen, die sich freiwillig zu einer Abkehr der bunten Bilder auf Verpackungen von Frühstückscerealien und Co. verpflichtet haben. Unter anderem bewirbt die Maus der WRD-Serie „Die Sendung mit der Maus“ seit 2017 fast ausschließlich mit Lebensmitteln, die nach Standards der Weltgesundheitsorganisation als gesund gelten.

Im Jahr 2018 hat Nestlé einen anderen Versuch gestartet, dem Problem übergewichtiger Kinder entgegenzuwirken. Seine Milkybar Wowsomes-Schokoriegel wurden in Großbritannien und Irland mit 30 Prozent weniger Zucker angeboten – doch der Versuch scheiterte, nach weniger als zwei Jahren wurde der Verkauf eingestellt. Dennoch folgten Mars und Snickers mit weniger süßen Schokoladenprodukten, ebenfalls wie Mondelez mit seiner Schokoladentafel low-sugar Cadbury Dairy Milk. Auf keinem der Produkte wird mit bekannten Zeichentrickfiguren geworben.

Parallel zur Umgestaltung der Verpackungen wird in der Branche über den Einsatz von Gesundheitswarnungen und Markenzensuren durch die Nutzung scannbarer QR-Codes auf den Verpackungen diskutiert, die mittels Smartphones in Echtzeit abgerufen werden können. Zudem verbreitet sich in europäischen Staaten zunehmend der Nutri-Score als Lebensmittelampel auf Verpackungen. Er zeigt auf einen Blick den Nährwertgehalt des Produktes an.