Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Verpackungsmaschinenbau

Den Alltag der Konsumenten hat das Pandemiegeschehen stark beeinflusst – die Arbeit der Verpackungsmaschinenbauer ebenfalls. Nach starken Einbrüchen füllen sich die Auftragsbücher langsam wieder und die „neue Realität“ hält Einzug. Reisetätigkeiten sind noch immer stark vermindert, die Digitalisierung nimmt enorm zu.

Während wir in Deutschland seit Mitte März 2020 wieder mit verschärften Beschränkungen der Regierung umzugehend haben, war das in anderen Teilen der Welt schon früher der Fall. Diverse Lockdowns, Reiseverbote, Grenzschließungen und damit verbundene Lieferengpässe, außerdem steigende Preise bei Rohmaterialien zwangen die Wirtschaft zu einem Umdenken und zu Innovationen.

Herausforderungen, vor denen die Maschinen- und Anlagebauer standen

Deutschland ist Exportweltmeister. Hinzu kommt, dass Messen der Verpackungsbranche und der verwandten Prozessindustrie, wie die interpack als ihre weltweite Leitmesse, während der Pandemie nicht stattfinden konnten. Entsprechend waren insbesondere neue Geschäftsanbahnungen schwierig und die Bestandskundenpflege nicht mehr so intensiv möglich.

So bestätigt auch Richard Clemens, der Geschäftsführer des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau e.V.) die Veränderungen des Marktes: „Die Auftragslage hat sich deutlich gegenüber 2020 entspannt, aber auf dem Niveau von vor der Pandemie sind wir noch lange nicht.“

Digitalisierungs-Schub für die Verpackungsindustrie

Hilfsmittel sind überwiegend digital: Virtuelle Besprechungen und Konferenzen, Online-Kongresse und Augmented oder Virtual Reality, um nur einige zu nennen. „Mit virtuellen Inbetriebnahmen, teilweise sogar mit 3D-Brillen, konnte viel mehr erreicht werden, als wir uns das noch vor zwei Jahren vorgestellt haben, aber zu hundert Prozent ersetzt es die Montage vor Ort nicht“, erklärt Clemens.

Bei Kautex werden die Maschinen zur Inbetriebnahme mit vielen Kameras ausgestattet, um besonders die kritischen Stellen bei der virtuellen Inbetriebnahme genau zu erfassen, und es wird live gestreamt. „Die virtuellen Inbetriebnahmen haben natürlich gewisse Nachteile, denn die Interaktion der Techniker fehlt“, räumt Müller ein, „aber gleichzeitig sehen wir auch die Vorteile, dass mehr Techniker, auch aus anderen Werken des Kunden, zugeschaltet werden können, um der Abnahme beizuwohnen.“

Durch Kautex‘ globale Präsenz insbesondere des Standortes in China hatte das Unternehmen den Vorsprung, dass es schon früh über das Pandemiegeschehen und den notwendigen Umgang im Bilde war. „Wir konnten innerhalb von kürzester Zeit die Mitarbeiterschaft auf das Homeoffice vorbereiten“, berichtet Müller, „wir haben die Infrastruktur undArbeitsabläufe geändert, Hardware besorgt. Homeoffice galt dann für den kaufmännischen Angestellten bis zum Konstrukteur.“

Clemens bestätigt: „Alle Unternehmen wollten vor allem die eigene Produktionsfähigkeit aufrechterhalten. In den Hallen wurde Schichtarbeit eingeführt. Es gab Einzelbüros und die Abstände zwischen den einzelnen Mitarbeitern wurden teilweise auf fünf Meter erhöht.“

Zu Beginn der Pandemie waren die größten Aufgaben, den neuen Hygieneverordnungen nachzukommen. Homeoffice war noch längst nicht gang und gäbe. Schwammig gehaltene Vorgaben der Regierung erforderten eigene Interpretationen.

Der VDMA hatte für seine Mitglieder eine spezielle Corona-Website eingerichtet, um sie über neue Vorgaben zu informieren. Für sie waren die Antworten auf Reise-Fragen und die damit verbundenen aktuellen Bestimmungen am wichtigsten, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich waren. Datensicherheit und Datenschutz waren andere Themen, die besonders bei den noch neuen virtuellen Inbetriebnahmen eine große Rolle spielen.

„Datensicherheit ist nicht nur im Umgang mit Kunden ein Thema, sondern auch dann, wenn ich Mitarbeiter ins Homeoffice schicke“, erklärt Clemens.

Reiseeinschränkungen im Maschinenbau – mit Auswirkungen auf das Neukundengeschäft und Inbetriebnahmen

Am schwierigsten ist bis heute das Planen von Reisen. Das betrifft sowohl den Vertrieb, der den Kontakt zu den Kunden aufrechterhalten und pflegen möchte, sowie jeden einzelnen Monteur, der für Reparaturen oder zur Inbetriebnahme von Maschinen anreisen und das kundeseitige Team schulen möchte.

„Die Kundenpflege wird teilweise einfacher, weil wir ‚virtuell‘ mehr als nur einen Kunden pro Tag besuchen können, aber gleichzeitig geht das auf die Kosten der Intensität der Beziehung“, berichtet Müller von seiner Tätigkeit, „alles hat immer zwei Seiten. Bei einigen Neuaufträgen sind wir uns sicher, dass wir sie bei normaler Reisetätigkeit nicht bekommen hätten. Jetzt konnten wir im Online-Meeting unser technisches Team dazu schalten, worüber der Kunde absolut begeistert war.“

Steigende Preise bei Roh-Materialien sorgen zusätzlich für ein Umdenken bei den Maschinenbauern der Verpackungsindustrie

„Wir sehen steigende Preise bei Elektronik-Bauteilen, gleichzeitig auch Lieferschwierigkeiten. Außerdem steigen die Preise bei für Halbzeuge, wie Stahl und Holz. Die Maschinen werden zwar nicht aus Holz hergestellt, aber in Holzcontainern verpackt. Das sind alles Faktoren, die weh tun“, bewertet Clemens die Situation.

Das zukünftige Volumen der Reisetätigkeiten schätzt Müller wie folgt ein: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Quantität der Reisen wieder auf das Niveau von früher zurückkommt.“

Strategische Ausrichtung durch mehr Kommunikation mit den Partner-Unternehmen

Die Kautex Maschinenbau GmbH hatte mit Blick auf das Pandemie-Geschehen immer die Supply Chain im Blick, um mögliche Abhängigkeiten und Lieferengpässe zu vermeiden. Insgesamt komme mit der Pandemie die Forderung nach mehr Kommunikation, heißt es, –auch in Richtungen Lieferanten. „Wir haben uns hinsichtlich Lieferanten breiter aufgestellt und sind weitere Partnerschaften eingegangen“, führt Müller aus, „wir wollen Partnerschaften, um nachhaltige, mehrwertschaffende Lösungen für unser Kunden zu entwickeln. Transparente Kommunikation über den Weg in die gemeinsame Zukunft sehen wir an dieser Stelle als Schlüssel.“

Wie wichtig Messen und der persönliche Kontakt für die Neukundengewinnung sind

Beim Blick auf die Schließungen von Großveranstaltungen und Messen berichtet Clemens von den Rückmeldungen der Mitgliedsunternehmen: „Die Firmen haben durch den Ausfall von Messen unheimlich viel Geld gespart und in den ersten zwei, drei Monaten fanden sie das ganz toll. Bis sie dann gemerkt haben, dass das nur die eine Seite der Medaille ist, die andere Seite ist die, dass wir die Veranstaltungen und Messen für das Kundengeschäft brauchen. Nach weniger Zeit war die Stimmung gekippt, ‚wir brauchen mehr Kundenkontakt, müssen mit ihnen persönlich sprechen‘ hieß es dann. Bestandskunden zu pflegen, die man kennt, ist online vielleicht möglich, aber die Neukundengewinnung ist echt schwierig.“